Eigentlich verbringt Heribert Bruchhagen derzeit mit seiner Frau den Sommerurlaub im Zillertal. Doch für rund 24 Stunden bekam der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht frei, um das Team des Fußball-Bundesligisten im ebenfalls zu Tirol gehörenden Ötztal zu besuchen und sich die Partie gegen Bursaspor anzusehen (siehe nebenstehenden Artikel). Gestern Vormittag saß er mit Armin Veh und Manager Bruno Hübner entspannt plaudernd auf der Terrasse des Mannschafts-Hotels. Von Spannungen mit dem Trainer, wie sie kürzlich erneut der "Kicker" vermeldete, war nichts zu sehen. Bruchhagen wollte diesen Artikel auch nicht mehr kommentieren, "weil schon die ursächlichen Fakten falsch sind".
Bruchhagen lobte hingegen explizit die Arbeit des Trainers: "Dass Spieler wie Schwegler, Rode oder Jung ihre Verträge erfüllen, sollte nicht zum Schulterklopfen im Vorstand führen. Das ist das Ergebnis der guten Arbeit im Verein, besonders aber von Armin Veh und seinem Team."
Auch das Tauziehen um Vaclav Kadlec bringt Bruchhagen nicht aus der Ruhe. Alle Verantwortlichen der Eintracht seien sich einig, dass noch ein Stürmer kommen werde, "aber nicht um jeden Preis". Die Suche nach einem Angreifer sei immer schwierig: "Was glauben Sie, wie viele angedachte Transfers schon geplatzt sind, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren hat?"
"Alles gläsern geworden"
Doch im Zeitalter von Social Media ("Dadurch ist alles gläsern geworden") sei es immer schwieriger, Verhandlungen im Geheimen zu führen. Weshalb Bruchhagen nun auch keinen Hehl mehr daraus macht, dass der tschechische Nationalstürmer die Nummer eins auf der Frankfurter Wunschliste ist.
Er habe auch "keine Abwehrhaltung" in dieser Sache, doch gewisse Grenzen müssten eingehalten werden: "Ein Wunsch darf nicht zum Unendlich-Faktor werden." Auch bei Kadlec müsse bedacht werden, wo der Profi herkomme oder wie seine Entwicklungschancen sind: "Das haben wir bereits alles eingepreist."
Zumindest nicht schlechter sind am Donnerstag die Chancen der Frankfurter auf Kadlec geworden, die glauben, dass Sparta Prag eher zu Zugeständnissen bereit ist, wenn der Club nicht die Gruppenphase der Europa League erreicht. Im Hinspiel der 2. Qualifikations-Runde verspielten die Tschechen zu Hause gegen BK Häcken (Schweden) eine 2:0-Führung. Am Ende hieß es 2:2, Kadlec spielte 90 Minuten, gehörte aber nicht zu den Torschützen.
Bruchhagen weiß, dass die Eintracht vor einem ganz heißen und entscheidenden August steht, mahnt aber trotzdem zur Geduld: "Wir haben schon viele Transfers zwischen dem 26. und 31. August abgewickelt." Dann geht die Transferperiode zu Ende, kurz davor werden viele Spieler billiger.
Der Vorstandschef ist schon derzeit guter Dinge, "weil wir mit den gleichen Stammspielern und dem gleichen Trainerteam in die Saison gehen können. Ich bin überzeugt, dass wir in der Bundesliga wieder eine gute Rolle spielen können." Ob am Ende erneut ein sensationeller Platz sechs stehen wird, ist trotzdem fraglich: "Natürlich haben alle die Hoffnung, dass es weiter nach oben geht. Und die letzte Saison hat ja auch gezeigt, dass sogar manchmal unrealistische Wünsche in Erfüllung gehen."
Realist Bruchhagen glaubt trotzdem, dass bereits "sechs der besten acht" in der Abschlusstabelle der Bundesliga feststehen - die Eintracht zählt er trotz positiver Entwicklung nicht als feste Größe dazu. Die Qualität der neuen Spieler sei zwar höher einzuschätzen als die der Abgänge, "aber das war auch zwingend notwendig, denn alle anderen Clubs haben auch aufgerüstet." Was ihn freut, ist die Tatsache, dass man im Umfeld der Eintracht und der Geldstadt Frankfurt in den vergangenen Jahren zu einer realistischeren Einschätzung der Erwartungen und Möglichkeiten gekommen sei. Er hätte sich zwar für den August mit den Heimspielen gegen München und Dortmund, mit den Auswärtsspielen bei den Aufsteigern Berlin und Braunschweig sowie mit der Play-off-Runde in der Europa League keinen schwierigeren Spielplan ausdenken können: "Aber wir können diesen Herausforderungen gelassen entgegen gehen."