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Olympische Träume - Wie aus der guten Schwimmerin Lisa Sieburger eine Triathletin mit Potenzial wurde

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Eschborn. 1,5 - 40 - 10. Nein, keine Traummaße, sondern Maßeinheiten, um die sich bei Lisa Sieburger zurzeit sportlich alles dreht. 1,5 Kilometer Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen: Das ist im Triathlon die Kurzdistanz, die im olympischen Programm ist und deswegen auch "Olympische Distanz" genannt wird. Im vergangenen Jahr war die 21-Jährige deutsche U23-Meisterin sowohl über die Kurzdistanz als auch über die Sprintdistanz (750 m Schwimmen, 20 km Radfahren, 5 km Laufen). Jetzt setzte sie noch eins drauf: Bei den U23-Europameisterschaften in den Niederlanden gewann die Triathletin mit der deutschen Mannschaftsstaffel die Goldmedaille.

Der Staffelwettbewerb, das sind vier Athleten, zwei Männer und zwei Frauen, die nacheinander abwechselnd einen kompletten Triathlon absolvieren, wenn auch nur einen sehr kurzen: 250 Meter Schwimmen, 5,1 Kilometer Radfahren und 1,6 Kilometer Laufen. Hanna Phillipin (Saarbrücken) machte für Deutschland den Anfang und übergab als Zweite hinter der Ukraine an Maximilian Schwetz (Erlangen). Er schickte nach seinem Kurztriathlon Lisa Sieburger als Führende mit zwölf Sekunden Vorsprung vor Russland auf die Strecke, besser gesagt: ins Wasser. Zu diesem Zeitpunkt war sich die Eschbornerin noch nicht ganz sicher, wie fit sie für den Wettkampf sein würde. "Ich bin eine Woche zuvor noch am Schliersee in der Bundesliga gestartet", erklärt sie ihre Bedenken. Doch schon beim Schwimmen lief’s wie am Schnürchen. Sie konnte den Vorsprung sogar ein wenig ausbauen, stieg als Erste aufs Rad, fuhr alleine an der Spitze und vergrößerte noch einmal den Abstand zur Konkurrenz, den sie beim Laufen hielt. "Meine Motivation war es, die Russin hinter mir auf keinen Fall näher kommen zu lassen", erzählt Lisa Sieburger. Teamkollege Justus Nieschlag (Lehrte) bedankte sich für die gute Vorgabe, indem er beim Radfahren die Grundlage für das Staffel-Gold legte, das sich das deutsche Quartett nicht mehr nehmen ließ. "Mein bisher größter internationaler Erfolg", sagt Sieburger.

Ein Erfolg, der ihr zwei Tage später aber doch ein wenig zu schaffen machte. Im Einzel-Wettbewerb der U23-Europameisterschaft musste sich die Studentin mit Rang 22 begnügen. "Ich bin sehr gut geschwommen und super Rad gefahren, aber beim Laufen war dann nichts mehr übrig." Will heißen: Die Kraft reichte einfach nicht mehr. Das war für die Athletin ebenso enttäuschend wie für die Verantwortlichen der Deutschen Triathlon-Union (DTU). "Meine große Stärke ist das Laufen, ich bin so weit vorne vom Rad gestiegen und habe diejenige, die Dritte wurde, schon geschlagen. Klar, dass da eine Riesenhoffnung auf mir lag", erklärt Lisa Sieburger. Das Ergebnis allein wäre noch kein Beinbruch, wenn nicht die Einzelplatzierung ein Kriterium der Nominierung für den Nationalkader wäre. Die Eschbornerin ist guter Dinge, dass es trotzdem für einen Platz im Kader reicht. "Der Trainer hat gesagt, er wisse ja, woran es gelegen habe."

20 Stunden Training

Lisa Sieburger hofft darauf, dass die Trainer ihr Potenzial erkennen. Bisher trainiert sie mehr oder weniger allein. Ausgestattet mit Trainingsplänen ihres Vereins TuS Griesheim, organisiert sie ihre Einheiten neben dem Studium während der Woche in Gießen und - so kein Wettkampf ansteht - am Wochenende in Eschborn ohne spezielle Betreuung. Auf ungefähr 20 Stunden Training pro Woche kommt sie so. "Ausbaufähig", nennt Sieburger diese Bedingungen. Da scheint noch einiges mehr drin zu sein für die Sportlerin, die eher zufällig beim Triathlon gelandet ist.

In Niederhöchstadt aufgewachsen, begann sie beim SC Westerbach Eschborn mit dem Schwimmen. Zunächst mit Erfolg. "Mit 15 war ich nicht mehr schnell genug für die 1. Mannschaft", erzählt sie, "dann habe ich mich umgeschaut, was ich sonst machen kann". Und da die Heinrich-von-Kleist-Schule, wo sie ihr Abitur machte, immer mit einem großen Team beim Frankfurter Mini-Marathon dabei war und Lisa Sieburger daran nicht nur Spaß hatte, sondern auch "immer ganz gut abgeschnitten hat", wie sie sagt, war die neue Sportart schnell gefunden. Die ersten Erfolge stellten sich beim DSW Darmstadt ein, vor drei Jahren wechselte sie zur TuS Griesheim, wo sie seitdem der Bundesliga-Mannschaft angehört.

Für ihre sportliche Zukunft hat sie einen genauen Plan: Nach dem Bachelor-Abschluss in Gießen will sie ihr Mathematik-Studium in Saarbrücken fortsetzen - Bundesstützpunkt für die Triathleten. "Dort gibt es einfach die besten Trainingsbedingungen", sagt Lisa Sieburger. Und die braucht sie, will sie sich ihren großen Traum von Olympia erfüllen. Schon in Rio de Janeiro 2016? "Warum nicht", sagt Lisa Sieburger, wohlwissend, dass dafür viele Dinge zusammenpassen müssen. "Da sind ja noch ein paar andere, die auch hin wollen", scherzt sie. Die Nominierung für den Nationalkader wäre der erste große Schritt in diese Richtung, die Teilnahme an der U23-Weltmeisterschaft Mitte September in London die nächste Station. "Da soll’s hingehen", sagt Lisa Sieburger. Zuvor geht es aber vielleicht nach Hamburg. Am 20. und 21. Juli ist dort das nächste WM-Rennen der World Triathlon Championship (WTC) - vielleicht mit der Eschbornerin, die zurzeit noch skeptisch ist, ob sie starten darf. Sie ist zwar von der DTU gemeldet, vermutet aber, dass sie es nicht auf die Starterliste schafft. "Ich habe international noch zu wenig Punkte", erklärt sie. Sollte es für Hamburg nicht reichen, wird sie Mitte August beim Weltcup in Ungarn starten.

Wettkämpfe, Training, Studium: Wer das alles unter einen Hut bringen möchte, muss gut organisiert sein. Lisa Sieburger gelingt es, und sie nimmt sich trotzdem noch die Zeit, ihre Begeisterung für den Sport an andere weiterzugeben - immer von samstags bis montags, wenn sie in Eschborn ist. Im Wiesenbad, wo sie auch trainiert, betreut sie eine Trainingsgruppe und das Anfängerschwimmen für den Verein, bei dem auch für sie alles angefangen hat, dem SC Westerbach Eschborn.




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