Wenn Naoto Sakai über sein Hobby spricht, sorgt der schmale Mann mit den Lachfältchen für Kopfschütteln. "Natürlich mache ich mir Sorgen", sagt er. Die Falten an seinen Augen kräuseln sich: "Aber nicht genug, um nicht mehr surfen zu gehen." Der 31-Jährige lebt in der japanischen Gemeinde Iwaki am Pazifischen Ozean, nur 50 Kilometer entfernt vom havarierten Kernkraftwerk in Fukushima. Neue schwere Störfälle in dem AKW gefährden die Bewerbung Tokios für Olympia 2020 und die Surfer vom Toyama-Strand in Iwaki leben gefährlicher als je zuvor.
Wenn Sakai auf dem Brett steht, begleitet ihn die Erinnerung an die Katastrophe. Am 11. März 2011 bebte die Erde im Meer vor Daiichi, der folgende Tsunami traf das AKW mit voller Wucht. Nach Reaktorschäden setzte wenig später der GAU ein: die Kernschmelze. Und die Situation in Japans ältestem AKW bleibt lebensbedrohlich: Mitte August musste die Betreiberfirma Tepco einräumen, dass 300 Tonnen hoch radioaktiven Wassers durch ein Leck in den Sicherheitstanks versickert waren. Dort wurde eine Belastung von 1800 Millisievert pro Stunde gemessen. Für einen Menschen würde das nach vier Stunden den Tod bedeuten.
"Die Luft- und Wasserqualität ist sicher. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, tolle, sichere Spiele auszurichten", sagte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Japan, Tsunekazu Takeda, kürzlich. Dann wurde die Hiobsbotschaft aus Daiichi öffentlich, die nicht nur einen riesigen Schatten auf die Bewerbung Tokios wirft, über die am kommenden Dienstag in Buenos Aires entschieden wird, sondern vor allem die Gesundheit der Einwohner vor Ort gefährdet. "Ich versuche einfach, nicht daran zu denken", sagt Sakai, stürzt sich am Strand von Iwaki weiter in die verseuchten Fluten des Pazifiks, in denen das radioaktive Isotop Cäsium-137 bis heute nachweisbar ist, und spielt russisches Roulette mit seiner Gesundheit.